„Ich will eine Silberuhr für mich.“
Wir schrieben das Jahr 2007. Ludwig Oechslin und ich diskutierten die Gehäusematerialien, die wir für unsere ersten eigenen ochs und junior Uhren verwenden wollten.
Oechslin wollte Silber!
Silber ist einzigartig. Das edle und relativ weiche Material bekommt mit der Zeit eine charakteristische Patina und die kleinen Kratzer des Alltags zeigen, dass hier gelebt wird. Genau wie bei der Taschenuhr des Grossvaters. Sie trägt Spuren eines ganzen Lebens, Zeichen, dass sie benutzt wurde, Erlebnisse, die ins Gehäuse eingekerbt sind.
Silber ist ein Material, das heute fast von keiner Uhrenmarke mehr für ein Gehäuse genutzt wird. Der heutige Anspruch an eine wertvolle Uhr ist ein Höchstmass an polierten und „edlen“ Oberflächen. Eine Uhr aus Edelmetall soll möglichst perfekt aussehen und wird bei jedem Service einem „Facelifting“ unterzogen. Jede Falte, jeder Kratzer wird geglättet und weg poliert. Einer Uhr soll man heute nicht mehr ansehen, dass sie gebraucht wird und dass mit ihr gelebt wird.
Ludwig Oechslin findet ein Silbergehäuse, das eine Geschichte erzählt, spannender. Deshalb wollte er Silber für seine Uhr.
Da Oechslin all seine Prototypen selbst fräst und mit sichtbaren Bearbeitungsmerkmalen belässt, war schnell klar, dass unsere Uhren ebenfalls zeigen sollten, wie sie gefertigt wurden. Die Versuche, solche Gehäuse bei einem klassischen Hersteller von Uhrengehäusen herstellen zu lassen, scheiterten allesamt. Keiner konnte genügend Präzision in der Herstellung bieten, um auf eine Nachbearbeitung der Bauteile, wie Polieren oder Satinieren, verzichten zu können.
Wir mussten für den nächsten Schritt also wieder einmal querdenken. Mit Peter Cantieni hatte ich in den 90er-Jahren schon zusammengearbeitet. Ich war mir sicher, dass er als hervorragender Prototypenbauer in der Lage war, die Bauteile für uns herzustellen. Cantieni ist der Experte für die Bearbeitung von Titan. Edelmetall hingegen hatte er noch nie verarbeitet.
Da Silber durch seine relative Weichheit extrem schwierig zu fräsen ist, machten wir die ersten Versuche, Edelmetall zu verarbeiten, genau mit diesem anspruchsvollen Material. Wir dachten uns, wenn Cantieni das schafft, kann er auch Gold oder Platin bearbeiten. Und da Oechslin sowieso ein Silbergehäuse für seine persönliche Uhr wollte, passte das ganz wunderbar. Ursprünglich nur als Testmaterial für unseren eigenen Gebrauch gedacht, faszinierte das Metall aber auch viele unserer ersten Kunden. Und so blieb es nicht bei den Prototypen. Wir begannen, Uhrengehäuse in Sterling-Silber 925 anzubieten.
Später kamen die Spezialschliesse und die Krone in Silber dazu. Nun hatten wir wirklich Uhren in Silber! Wie wäre es, eine Uhr herzustellen, bei der nur ein einziges Metall sichtbar ist – Sterling-Silber 925?
Diese Idee trieb mich seit Anfang 2014, nachdem ich seit 2008 meine ochs und junior Uhren – neben jenen in Titangehäusen für alle möglichen und unmöglichen Gelegenheiten des aktiven Alltages – in Silber trage.
Oechslins Wunsch wurde auch zu meinem – nur wollte ich noch einen Schritt weitergehen. Würde es uns gelingen, das Gehäuse, die Schliesse, die Zeiger und sogar das funktionale Zifferblatt einer Jahreskalenderuhr aus Sterling-Silber 925 herzustellen?
Peter Cantieni war gefordert, sehr sogar. Er hat noch nie eine schwierigere Arbeit für uns ausgeführt als die Herstellung des Sterling-Silber-Zifferblattes für meinen Jahreskalender. An der dünnsten Stelle hat das funktionale Zifferblatt für die Aufnahme des Monats- und des Wochentagsrades eine Wandstärke von gerade mal 0,25 mm. Die Herausforderung bestand darin, so zu fräsen, dass trotz der sich stark unterscheidenden Wandstärken eine plane Oberfläche entstand.
Das Einfräsen der Innengewinde von 0,2 mm in die direkt aus dem Vollen ausgefrästen Zapfen – sehr anspruchsvoll!
Cantieni ist ein Künstler im Umgang mit seinen Maschinen. Er beherrscht sie virtuos, und so wie Oechslin die intellektuelle Herausforderung bei der Erfindung neuer Funktionsweisen liebt, so gerne stellt sich Peter der handwerklichen Herausforderung.
Die Oberfläche des Zifferblatts ist von Hand zu einem dunklen Grau patiniert. Wir hätten es heller oder dunkler machen können, aber meine Wahl richtete sich nach dem perfekten Kontrast. Um das Monatsrad sieht man einen deutlichen Wirbel – ein Resultat des Patinierungsvorgangs. So wird auf den ersten Blick erkennbar: Das ist meine Uhr! Die Indices wurden nach der Patinierung ins Zifferblatt gefräst und zeigen das helle Metall darunter.
An meinem Handgelenk ist nun seit Mitte Dezember – nicht für den Sport zwar, aber zum Arbeiten oder für den Besuch einer Vernissage im Kunstmuseum Luzern – eine Jahreskalenderuhr aus einem einzigen sichtbaren Metall, Sterling-Silber 925. Ohne Farbe, aber mit perfektem Kontrast.
Noch nie habe ich eine Edelmetalluhr getragen, die eine spektakulärere Lichtreflektion hat, als diese Jahreskalenderuhr aus Sterling-Silber 925. Kerzenlicht auf dem hellen Silbergehäuse ist zauberhaft, Sonnenlicht wieder komplett anders und beim Fotografieren kommt mit dem richtigen Licht Spannung auf.
Ich bin gespannt, welche Erlebnisse diese Uhr in ein paar Jahren zu erzählen hat und wie sie patinieren wird. Natürlich könnte ich mit einem Silbertuch den wunderbar hellen Glanz des Silbers wieder zurückholen. Das werde ich aber eher nicht. Sie soll in Würde altern, so wie wir ja auch…
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